Klein-Tschernitz

An der Ostgrenze des Bezirkes, 14,4 km von Podersam, 11 km von der nächsten Bahnstation Michelob entfernt, liegt Kleintschernitz, eine selbständige Gemeinde mit 107 Häusern (4 unbewohnt) und 665 Einwohnern. Dazu gehört als Einschichte die ehemalige Schäferei.

Das Ortsgebiet bildet eine weite Talebene der roten Sandsteinformation, die gegen Norden und Süden durch mäßige Höhenzüge begrenzt ist und vom Großtschernitzer Bache, der sich hier mit dem Teufelsbache vereinigt, durchflossen wird. Der äußerst fruchtbare Boden erfährt eine vorzügliche Behandlung und lohnt diese wieder durch ertragreiche Ernten.

Angebaut werden alle Getreidearten, besonders aber Hopfen, der nach Menge und Güte zu den besten im Bezirke gehört und von der Brauwelt ebenso geschätzt als begehrt wird. Der Obstbau ist durch die geschützte Lage begünstigt und auf Hausgärten, Alleen und Feldanlagen verteilt. Die Zahl der Stämme beträgt über 4000; Zwetschken, Birnen und Äpfel werden bevorzugt. Die Wiesen sind bedeutungslos; der Feldfutteranbau muss den Ausfall ersetzen. Der Wald (etwa 8% der Gesamtfläche) ist fast ausschließlich im Besitz der Herrschaft.

Die Zählung der landwirtschaftlichen Nutztiere ergab 42 Pferde, 303 Rinder, 72 Ziegen, 165 Schweine und eine größere Menge von Geflügel. Der Meierhof erreicht 26% des Gemeindegebietes und ist im Besitz des Grafen Czernin.

An direkten Steuern werden entrichtet: 6452,18 Kronen Grundsteuer, 425,80 Kronen Hausklassensteuer, 114,60 Kronen Hauszinssteuer und 276,90 Kronen Erwerbsteuer.

Gemeindevorsteher ist derzeit der Landwirt Wenzel Schubert.

Kleintschernitz ist nach Großtschernitz (Bez. Saaz) eingepfarrt, besitzt aber seine eigene Begräbnisstätte, ferner eine dem hlg. Anton von Padua geweihte Kapelle und eine zweiklassige Volksschule. Postverhältnisse werden von Großtschernitz, sanitäre Angelegenheiten von Flöhau aus geregelt.

Die Ortsanlage ist unregelmäßig; ein Teil der Häuser ist in der Runde gebaut, und das ist das ursprüngliche Dorf; ein anderer liegt längs des Baches „Am Anger“. Dieser Teil entstand am Anfang der 1860er Jahre; ein 3. Teil, der neueste, schließt sich an das Südende des Ortes längs des Wilkauer Weges an. Der Verkehr ist durch die nach Oberklee führende Bezirksstraße erleichtert.

Geschichtliches

a) Kirche

Die hiesige Kapelle wurde zur Erinnerung an das furchtbare Hagelwetter, welches am 13. Juni 1789 alle Feldfrüchte vernichtete, im Jahre 1790 erbaut und wird auf Kosten der Gemeinde erhalten. Der 13. Juni gilt heute noch als Ortsfeiertag und der darauffolgende Sonntag als Festtag (Kapellenfest). Vor der Erbauung dieser Kapelle besaß die Gemeinde nur ein hölzernes Glockenhäuschen. Die früher vom 4. Mai bis zum Kornschnitt üblich gewesenen Abendandachten wurden bei einer kleinen steinernen Kapelle verrichtet, die vor dem Hause Nr. 2 stand. Im Jahre 1847 wurde dieselbe abgebrochen und in gleicher Form an dem Wege gegen Großtschernitz aufgebaut. Eine andere steinerne Kapelle befindet sich unmittelbar hinter dem Ort an dem Wege gegen Wilkau; sie wurde 1628 errichtet und zwar angeblich deshalb, weil Kleintschernitz bis dahin von den Gräueln des 30jährigen Krieges verschont geblieben war. Im Garten des Besitzers Josef Enenkl steht eine Johannesstatue.

b) Schule

Bis zum Jahre 1873 besuchten die Kinder die Schule in Großtschernitz; mit dem Schuljahre 1872/73 wurde hier die öffentliche Schule errichtet und 1877 um eine zweite Klasse erweitert. Letztere war anfänglich in einem Mietlokale untergebracht; im Jahre 1901 wurde ein neues Schulhaus erbaut, das jetzt beide Klassen umfasst und den gesetzlichen Anforderungen vollkommen entspricht. Die Einweihung desselben fand am 23 Juni 1902 statt.

Leiter der Schule ist seit ihrem Bestande Oberlehrer Vinzenz Hietel; neben ihm wirken als Lehrer Anton Eis und Fräulein Julie Suchanka als Industriallehrerin.

Der katholische Religionsunterricht wird seit dem Jahre 1890 von den weltlichen Lehrern erteilt.

c) Gemeinde

Kleintschernitz war früher ein eigenes Gut. Im Jahre 1392 werden Fremut von Czernuc oder Tschirnitz, anders von Schönhof und dessen Sohn Drslaw als Eigentümer desselben genannt. Zur Zeit des 30jährigen Krieges gehörte es dem Joachim Hora, wurde nach der Schlacht am Weißen Berge konfisziert am 5. Juli 1629 an den Grafen Hermann Czernin von Chudenitz um 14.000 fl. (Gulden) verkauft. (Schaller, Seite 82). Seither ist es im Besitze der Grafen Czernin verblieben. Das ehemalige Schloß befand sich an der Stelle des jetzigen herrschaftlichen Schüttbodens und war noch im Jahre 1834 durch Ruinen gekennzeichnet.

Abschrift von Alfred Sykora aus: Der politische Bezirk Podersam (Gerichtsbezirke Podersam und Jechnitz), Eine Heimatkunde für Schule und Haus, von Wenzel Rott, Podersam 1902

St.-Antonius-Kapelle in der Mitte des Ortes, erbaut 1789. Hier ein Foto nach der umfassenden Renovierung im Jahre 1922.

Blick in die Kapelle im Jahre 1990.

Neues Volksschul-Gebäude, Inbetriebnahme 1902.

Kriegerdenkmal, errichtet 1922 neben der St.-Antonius-Kapelle.

Gemeinde-Kindergarten (alte Schule).

Blick auf Klein-Tschernitz von Norden, im Vordergrund ist der Anger zu sehen.

Die Bauernhäuser Enenkl und Kugler am Ortsplatz links.

Anger bei der Brücke (Blick zur Straße nach Oberklee).

An der Straße nach Wilkau steht der stattliche Hof des Großbauern und Wirtschaftsbesitzers Gustav Lifka. Wir sehen das schöne Wohnhaus mit der Haus-Nr. 146. Das gesamte Gehöft mit allen Wirtschaftsgebäuden einschließlich Wohnhaus hat Gustav Lifka in den Jahren 1927 bis 1929 errichtet.

Klein-Tschernitzer Fotomontage aus dem Jahre 2001, mit einem Hopfengarten.