Die Kaolinwerke von Puschwitz und Umgebung

Beitrag von Oberlehrer Rott aus dem Jahre 1902 und dem ehemaligen Betriebsleiter Robert Stöver bei der Firma Petzold-Döll-Werke AG in Puschwitz, Stand vom 8.Mai 1945.

Weit ins Land leuchtende weiße Sandhalden gaben Zeugnis von der Kaolinindustrie, die seit dem vergangenen Jahrhundert in den Katastergemeinden Puschwitz, Lubau und Pomeisl von deutscher Technik und deutschen Fleiß erhalten und geführt wurde. Die in der Tertiärzeit abgelagerten Kaolinvorkommen sind ein Verwitterungsprodukt aus Feldspat, dessen Ursprung dem Granit entstammt. Der luftgetrocknete Rohkaolin hat ein spez. Gewicht von 2.2, das Ausbringen beträgt 25 %.

Die ersten Anfänge dieser Industrie datieren aus dem Jahre 1820. Ein Puschwitzer Bürger (Anton Stengl) entnahm das Rohmaterial einer sogenannten Lehm- grube, schlämmte es in seinem Gehöft in Bottichen (Hausindustrie), trocknete es in Töpfen auf dem Herde und brachte es in kleinen Mengen von 20 − 100 kg zum Verkauf. Sein Nach- folger, Josef Kandler, setzte den Betrieb in derselben Weise fort bis zum Jahre 1875. In diesem Jahre wurden mehrere Kaolinlager enthaltende Felder von Alois Wimpessinger aus Amberg und Julius Robert Lösche aus Neßwatling angekauft und dadurch der Grund zu dem Schlämmwerk Benecke & Co gelegt. 1877 trat Friedrich August Weidlich aus Löbau in Sachsen als stiller Gesellschafter der Firma bei.

1878 entstand das neue Werk von Friedrich Döll in Puschwitz, das im Jahre 1889 durch Verkauf an die Firma Petzold & Co, Zentralverwaltung Wien, überging. 1892 eröffnete die Firma Döll & Co ein neues Werk, im Katastergebiet Pomeisl, hart an der Puschwitzer Katastergrenze. 1897 entstand am Ziegenrück ein kleiner Betrieb der Firma C. & L. Hardtmuth. Nach Auflassung dieses Betriebes, wurden die Grundstücke von der Firma Döll & Co übernommen und Betriebswohnungen eingerichtet. Die Eigentümer der Firma Petzold & Co und der Firma Döll & Co, standen im Bezug auf Besitz und Produktion im engen Verhältnis zueinander. Die Herren Petzold und Döll waren gegenseitig Kompag- none, sie waren auch noch Besitzer anderer Industriezweige.

Bis zum Jahr 1920 war die Zentralverwaltung in Wien. Nach dem Zusammenbruch der österreich-ungarischen Monarchie drang die Regierung der neugegründeten Tschechoslowa- kei darauf, dass die Generalverwaltung in die C.S.R. verlegt würde. Unter Hinzuziehung zweier Prager Banken wurde eine neue Firma unter den Namen „ Petzold − Döll − Werke AG Kaaden” gegründet. Die Direktion und Zentrale bekam ihren Sitz in Kaaden, die General- direktion war in Prag.

Die einzelnen Werke wurden umbenannt: Petzold − Döll − Werke AG Kaaden Betrieb D III Puschwitz (Kaolinwerk) D IV Lubau P V Puschwitz P VI Puschwitz P VII Pomeisl P VIII Puschwitz (Kalksandsteinziegel)

I. Gewinnung und Förderung

Bis 1877 geschah die Ausbeute immer noch in der einfachsten Art. 1878 wurde sie durch eine Dampfmaschine von 4 Pferdekräften bewerkstelligt. Die sich immer mehr steigernde Nach- frage nach Kaolin bewirkte 1879 die Aufstellung einer 40 pferdigen Dampfmaschine. Im Jahre 1893 wurde die Rohkaolingewinnung und Schlämmerei im Betreib D III (früher Werk I Döll) aufgenommen. Das beim Werk aufgeschlossene Kaolinlager, das tagbaumäßig abgebaut werden konnte, reichte für 10 Jahre. 1903 wurde mit dem Aufschluß der ca. 0,5 km westlich des Werkes, in der Gemarkung „Nenkana” liegenden Lagerstätte begonnen. Der Abbau konnte in dieser Grube bis zum Jahre 1926 im Tagbau durchgeführt werden. Zum Abtransport des Rohkaolins zur Aufgabestelle im Waschhaus wurde eine Drahtseilbahn aufgestellt, die wohl heute noch in Verwendung stehen könnte. Durch das gegen Nordwesten einfallende Kaolinlager, wie auch durch das Ansteigen des Geländes in dieser Richtung, wurde die überlagerung mit dem Vortreiben der Grube immer stärker. Man mußte zur tief- baumäßigen Gewinnung übergehen. Zu diesem Zweck wurden von der Tagbausohle Stollen bis zum Hangenden der Lagerstätte vorgetrieben. In den Stollen wurden Querschläge ange- setzt, in denen von rückwärts mit dem Abbau begonnen werden konnte. Nach dem Abbau des im Niveau der Tagbausohle anstehenden Materials mußte für die tiefer liegenden Abbau- scheiben ein Schrägaufzug angelegt werden. Dieser Schrägstollen wurde soweit vorgetrieben, bis eine Abbauhöhe von 4 − 5 m erreicht war. Nach dem horizontal angelegten Aufschluß- strecken konnte mit dem Abbau und der Förderung begonnen werden. Entsprechend der 1. Tiefbausohle wurden auch die folgenden Sohlen ausgerichtet und abgebaut. Durch den von Sohle zu Sohle länger werdenden Förderweg, entschloß man sich im Jahre 1935 zu einer Förderung mit umlaufenden Seil, wodurch auch der durch Menschkraft geleistete Transport vom Aufzughaspel zur Seilbahnbeladestation in Wegfall kam. Der Ausbau der Stollen und Strecken erfolgte in deutscher Türstockzimmerung. Im Abbau wurden die Firste im Bedarfsfall durch Stempel mit Anpfahl gesichert.

Betrieb D IV (früher Werk II Döll)

Nach Fertigstellung der Betriebsgebäude, die an der Straße Podersam−Puschwitz im Kataster- gebiet Lubau errichtet wurden, konnte die Gewinnung von dem inzwischen abgedeckten Kaolinlager im Jahre 1910 in Angriff genommen werden. Das Vorkommen lag 130 m südlich vom Werk in der Flur „Workateich” . Der Abbau reichte ca. 20 Jahre, er konnte tagbau- mäßig durchgeführt werden. Der Rohkaolin wurde in Muldenkippern mittels Schrägaufzuges bis zur Aufgabestelle ins Werkgebäude gebracht. Das zur weiteren Fabrikation vorgesehene durch Bohrungen erschlossene Lager, lag beiderseits der Katastergemeinde Lubau-Puschwitz 800 − 1000 m vom Werk östlich von Puschwitz. Die Abdeckung wurde der Firma Feigl aus Zlin übertragen, die diese Arbeit mittels Bagger ausführte und den Abtransport des anfallen- den Materials durch Lokomotivförderung bewältigte. Für die Förderung des Rohkaolins von der Grube zum Waschhaus wurde eine Drahtseilbahn aufgestellt. Die Rohkaolingewinnung aus dieser Grube war nur für einen Abbau im Tagebau vorgesehen, doch wurde aus qualitäts- bedingten Gründen zeitweise eine bergmännische Gewinnung eingerichtet. Zum rationellen Abbau wurde später im Tagebau ein sogenannter Kugelschaufler eingesetzt.

Betrieb P V und PVI (früher Werk I und II Petzold)

Von diesen Betrieben wurde wohl die Kaolinindustrie im Bezirk Podersam im vorigen Jahr- hundert ins Leben gerufen. Der Betrieb P VI liegt ca. 150 m südlich von Puschwitz in der Gemarkung „Galgenberg”, P V 100 m in südlicher Richtung davon entfernt in der „Sipka”. Bis zum Jahre 1920 wurden die Werke mit Kaolin versorgt, der tagbaumäßig gewonnen werden konnte. Die Rohkaolinförderung erfolgte bei beiden Betrieben mittels Schrägaufzug, später wurde bei P V eine Drahtseilbahn angelegt. Durch das Einfallen der Lagerstätte und das Ansteigen des Geländes nahm die Abraumhöhe derart zu, daß das Abdecken der über- lagerung die Rentabilität der Kaolinfabrikation unmöglich wurde. Beim übergang zur tiefbau- mäßigen Gewinnung stieß man beim Vortrieb der einfallenden Förderstollen auf wasser- führende Sandadern, die die Vorrichtungsarbeiten sehr erschwerten. Zunächst wurde das Werk P V mit Rohkaolin aus dem Bergbau versorgt, während P VI noch einige Jahre aus dem Tagbau bedient werden konnte. Der Ausbau der Grubenräume erfolgte hier − auch in den anderen zum Tiefbau eingerichteten Gruben − gleich der beim Betrieb D III beschriebenen Methode. Der Betrieb P V wurde 1928 wegen Absatzmangel eingestellt.

II. Schlämmerei und Fabrikation

Die zur Aufbereitung des Rohkaolins erforderlichen Waschmaschinen wurden in Form einer dreiteiligen Quirlanlage erstellt. Im Betrieb D IV wurden später die Quirle durch eine Bavaria-Waschmachine ersetzt. Der Rohkaolin wird in den Waschmaschinen unter Zuführung von Wasser zerkleinert und aufgelöst. In den anschließenden Sandkästen setzt sich der Sand ab. Beim Weiterlaufen wurde der Kaolinmilch Gelegenheit gegeben, den noch mitführenden Schluff und Schlicker in dem eigens dazu gebauten Rinnenlager abzusetzen. Die nun fast rückstandfreie Kaolinmilch wurde den Absatz-Bassins zugeführt. Das sich abklärende Wasser konnte dann den Waschmaschinen wieder zugeführt werden. Die Ansprüche der Porzellan − und Papierfabriken auf eine sand- und glimmerfreie Belieferung steigerten sich derart, dass Anfang der 30-iger Jahre auf allen Werken Feinsiebanlagen eingebaut werden mußten, über die die Kaolinmilch vor dem Einlauf in die Bassins geleitet wurde. Die Ein- richtung der Siebanlagen bestand aus etagenweise gebauten Kieferholzrahmen, die mit Bronzedrahtgeweben von 500, 4900 und 10.000 Maschen per qcm versehen waren. Das Werk IV erzeugte für chemische und medizinische Zwecke Feinkaolin, der mit 16.000 Maschen per qcm gesiebt werden mußte. Der in einigen Tagen sich schlammartig abgesetzte Reinkaolin wurde durch Membranpumpen in die Filterpressen gedrückt. Das Schließen und öffnen der Pressen, das man ehedem mit Zahnradübersetzung und Hebel durch Menschenkraft bewerk- stelligt hatte, erfolgte später auf allen Werken hydraulisch. Zu einer Presse gehörten 50 Rahmen, die je einen Kaolinkuchen von 60 x 60 x 2 cm aufnehmen konnten. Die Rahmen wurden durch 5 cm starke, mit doppeltem Filtertuch belegten Eichenholzplatten abgedichtet.

Später hat man die Rahmenpressen durch Kammerpressen ersetzt. Beim Austragen der Kammerpressen wurde der Kaolinkuchen herausgehoben, während bei den Rahmenpressen der Rahmen aus der Presse gehoben und der Kaolinkuchen herausgedrückt oder -geschnitten werden mußte. Die, den Pressen entnommenen Kaolinkuchen, hatten einen Wassergehalt bis zu 35 % , der auf mindestens 5 − 6 % verdampft werden mußte, um den Kaolin als Handels- produkt auf den Markt bringen zu können. Die Trocknung erfolgte künstlich auf Trocken- pfannen, später in Trockenkanälen oder natürlich, in Trockenschupfen,. Das Gewicht eines getrockneten Kuchens betrug 11 kg, sodass eine Presse mit 550 kg gerechnet werden konnte. Der getrocknete, in Säcken verpackte Kaolin, wurde durch Lastkraftwagen mit Anhänger oder Pferdefuhrwerk (im Winter ein willkommener Nebenerwerb mancher Bauern) zur Eisenbahn- verladestation nach Podersam gebracht. Der Versand erfolgte auf Wunsch des Kunden lose oder in Säcken in allseitig geschlossenen Waggons.

Als Absatzgebiet stand Deutschland an erster Stelle, kleinere Mengen wurden in der C.S.R., Schweiz und Polen abgesetzt.

Kalksandziegelei

In der, nach dem ersten Weltkrieg auf dem Betriebsgelände P VI errichteten Kalksandstein- Ziegelei, wurden Mauerziegel angefertigt, deren Druckfestig- und Wetterbeständigkeit einwandfrei anerkannt wurden. Auch die Form der Steine hatte ein gefälliges Aussehen.

Puschwitz Kaolinabbau 2006

Blick auf Puschwitz − im Hintergrund die Sandberge der „Schlämm” (Kaolinwerke)

Villa Döll