Die letzten Jahre in Puschwitz vor der Vertreibung

Im Sommer 1944 wurden Bombengeschädigte und Evakuierte aus dem westlichen Indus- triegebiet des Altreiches aufgenommen. Im Herbst trafen evakuierte Rumäniendeutsche ein. Anfang Feber 1945 kam ein Flüchtlingstreck aus der Umgebung von Breslau, sie blieben bis nach Kriegsende und versuchten dann einzeln die Rückkehr in ihre Heimat.

Ende April wurden mehrere Hundert KZ-ler über Nacht in Scheunen einquartiert, dem Aus- sehen nach hatten sie schon einen langen Fußweg hinter sich. Sie wurden von der Bevölke- rung notdürftig verpflegt und am andern Tag von ihren Bewachern menschenunwürdig weitergetrieben. Woher sie kamen wurde nie bekannt.

Einige Tage rollte dann der Rückzug der letzten deutschen Truppen durch den Ort. In der Nacht vom 7. zum 8. Mai 1945 wurde Puschwitz von den Russen besetzt. Es begann eine schlimme Zeit für Frauen und Mädchen. Bereits nach wenigen Tagen übernahmen die Tschechen die Verwaltung. Im Juni wurden dann auch schon mehrere Familien aus ihren Häusern ausquartiert. Die meisten Bauern durften nur noch einen Raum in ihrem Haus bewohnen, berufsfremde Tschechen übernahmen den Besitz. Die deutschen Besitzer mußten die Arbeit bis zur Vertreibung unentgeltlich verrichten.

Alle erwachsenen Personen mußten eine weiße Armbinde tragen und durften nach 20 Uhr die Wohnung nicht mehr verlassen.

Der Bauer Eduard Stengl wurde von Tschechen außerhalb der Friedhofsmauer erschossen und an Ort und Stelle eingegraben, weil in seiner Scheune ein Gewehr gefunden wurde. Ende Juli wurden die ersten Familien vertrieben. An persönlicher Habe durfte mitgenommen werden, was auf einen kleinen Handwagen Platz fand und in der Hand getragen werden konnte.

Unterwegs wurde dann noch so manches abgenommen. Die Familien (darunter befanden sich auch alte Leute und viele Kleinkinder) mußten weite Strecken zu Fuß zurücklegen und kamen über das Erzgebirge in die sowjetische Besatzungszone.

Im Feber 1946 erfolgte der erste Antifaschisten-Transport nach Pößneck in Thüringen. Sie durften ihren gesamten Hausrat in Güterwaggons verladen und waren frühzeitig vom genauen Termin informiert. Ein zweiter Transport kam nach Landshut.

Am 4. April 1946 mußten 60 Familien (aus allen Bevölkerungsschichten) binnen weniger Stunden ihr Bündel schnüren (50 kg Gepäck pro Person) und am Ringplatz erscheinen. Nach mehreren Stunden Aufenthalt wurde das Gepäck in die zum Lager umfunktionierte Kaserne nach Podersam transportiert, die Familien mußten hinterherlaufen. Nach 14-tägigem Lageraufenthalt, welcher unter militärischer Bewachung stand, fand eine Gepäckkontrolle, die Ablieferung von Wertgegenständen sowie der Sparbücher und Besitzurkunden statt. Am 17.April 1946 wurde ein Güterzug aus Bewohnern verschiedener Ortschaften zusammengestellt. In einen Viehwaggon wurden ca. 40 Personen samt Gepäck gepfercht. Der Transport ging über Saaz, Kaaden, Eger, Schirnding nach Bamberg, zur Endstation Fürth.

Ein weiterer Transport ging in die Nähe von Ochsenfurt und einige Familien kamen nach Hessen. Alle übrigen Einwohner wurden in die sowjetische Besatzungszone transportiert. Viele davon haben bereits in den ersten Jahren die Flucht gewagt und leben heute in allen Teilen der Bundesrepublik.

Auch in der ehemaligen DDR leben die Puschwitzer verstreut von Thüringen bis zur Ostsee. 20 Familien durften in Puschwitz bleiben, sie sind bereits verstorben. Viele Häuser wurden in der Zwischenzeit abgebrochen oder dem Verfall preisgegeben.

Viele Puschwitzer wurden von den Behörden nach Großhabersdorf und Umgebung verteilt und bei den Einwohnern einquartiert. Deshalb entschlossen sich 1952 die Puschwitzer in heimatlicher Verbundenheit, sich alle 2 Jahre (Ende April − Anfang Mai) in Großhabersdorf zu treffen, da wir zu dieser Jahreszeit hier einquartiert wurden. Nachdem es nicht mehr viele Bürger gab, die in Puschwitz geboren wurden, haben wir beschlossen uns jährlich zu treffen.

Für unsere Nachkommen haben wir Denkmale gesetzt, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Wir haben eine Chronik erstellt, einen Puschwitzer Weg von der Gemeinde erhalten, einen Obelisk am Puschwitzer Weg aufgestellt und ein Steinkreuz auf den Friedhof in Großhabers- dorf für unsere Verstorbenen.

In ihrem fränkischen Wohnort Großhabersdorf konnte unsere Gemeindebetreuerin Inge Jahnel einen Weg nach ihrem Heimatort Puschwitz benennen lassen und ein Steinkreuz und einen Obelisk zur Erinnerung an unsere Vertreibung errichten